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Orthopäden kritisieren Studie

06.03.2017

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung, wonach bei Rückenschmerzen zu früh und zu häufig bildgebende Verfahren eingesetzt werden, wird von Orthopäden heftig kritisiert.

In der kürzlich landesweit publizierten Studie “Faktencheck Rücken” weist die Bertelsmann Stiftungals Studienherausgeber darauf hin, dass bei Patienten mit Rückenschmerzen zu früh nd zu häufig bildgebende Diagnostik veranlasst wird, insbesondere bei fehlenden Hinweisen auf eine spezifische Schmerzursache (wir berichteten).

Gegen diesen Vorwurf haben nun verschiedene Verbände von Orthopäden und Unfallchirurgen Stellung bezogen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme betonen sie, dass Ärzte in Deutschland bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zur Diagnostik bei Rückenschmerzpatienten angemessen einsetzen. Dabei berufen Sie sich auf Daten der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz, Versorgungsdaten aus Arztpraxen in Baden-Württemberg sowie Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Die wichtigsten Argumente in einer Übersicht:

Die  Anzahl von Behandlungsfällen mit der Diagnose Kreuzschmerz (IDC-10-Code M54) ist nach aktuellen Angaben der KBV in den Jahren 2010 bis 2015 von 41 Millionen auf 45 Millionen gestiegen. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Behandlungsfälle mit bildgebender Diagnostik von knapp 2,8 Millionen auf 2,2 Millionen Behandlungsfälle gesunken. Bei weniger als fünf Prozent der Fälle, so betonen die Orthopäden und Unfallchirurgen, werde derzeit nach Erkenntnissen der KBV überhaupt noch eine Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule vorgenommen. Aus diesen Daten kann nicht auf eine gravierende Überversorgung von Rückenschmerzpatienten im Hinblick auf bildgebende Verfahren geschlossen werden.

Die Autoren des Faktencheck Rücken gehen davon aus, dass nur 15 Prozent der Rückenschmerzen spezifische Ursachen haben. Neuere Studien deuten jedoch  darauf hin, dass degenerative Veränderungen zu 15 bis 45 Prozent Rückenschmerz auslösen. Bei Verdacht auf einen spezifischen Rückenschmerz wird in Übereinstimmung mit den Leitlinien regelmäßig Bildgebung eingesetzt, bei einem Verdacht auf einen nicht-spezifischen Rückenschmerz ist diese zunächst in der Regel nicht angebracht. Ist  das Vorkommen spezifischer Rückenschmerzen tatsächlich häufiger als von den Autoren der Bertelsmann Studie postuliert, sind in der Konsequenz auch mehr bildgebende Untersuchungen wie Röntgen oder MRT in Übereinstimmung mit den leitlinien erforderlich und somit angebracht.

Zerstreue sich der Verdacht auf einen spezifischen Rückenschmerz, ist dies aus der für die Dokumentation verwendeten ICD-Codierung nicht mehr herauszulesen. Dokumentiert ist lediglich der abschließende Befund nicht-spezifischer Rückenschmerz. Bei einer Datenanalyse (Ergebnis unspezifischer Rückenschmerz)  entsteht dann der  Verdacht, es sei trotz nicht-spezifischen Rückenschmerzes eine Bildgebung veranlasst worden.

Quellen:

Die Stellungnahme der Orthopäden und  Unfallchirrgen ist in der Fachzeitschrift “Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten” (Ausgabe Februar 2017) veröffentlicht.

 



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