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Patientenportal

Wegweiser im Angebot der "Individuellen Gesundheitsleistungen" (IGeL)

22.01.2018

Der IGel-Kodex als Richtschnur für Ärzte und Orientierungshilfe für Patienten.

Individuelle Gesundheitsleistungen im gesellschaftlichen und politischen Umfeld

Die Selbstzahlerleistungen, auch "Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)" genannt, sind in der Politik und in den Medien in Verruf geraten oder werden als Argument in der Stimmungsmache für eine "Einheitsmedizin" instrumentalisiert. Fakt ist aber, dass der Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenkassen aber auch der der Privaten Krankenkassen begrenzt ist und daher Spielraum für andere, alternative oder ergänzende Maßnahmen zulässt.

Für diie Berechtigung vieler Selbstzahlerleistungen spricht die ungebrochen steigende Nachfrage. Im Jahr 2012 haben Patienten bei niedergelassenen Ärzten rund 18,2 Millionen Selbstzahlerleistungen in Anspruch genommen, um ihre Gesundheitsversorgung zu ergänzen und zu verbessern. (zitiert nach Norbert Metke 2013). Parallel dazu haben viele Kassen unter dem Druck der Nachfrage und trotz der anfänglichen Kritik immer mehr dieser Leistungen wie beispielsweise Reiseimpfungen oder Akupunktur in ihren Leistungskatalog aufgenommen. Gleichzeitig wirkt der Trend, Hilfe von Heilpraktikern, Osteopathen oder anderen alternativen Anbietern gegen Bezahlung in Anspruch zu nehmen ungehindert fort, und wird - ungeachtet der Tatsache, dass es sich dabei ebenfalls um "Individuelle Gesundheitsleistungen" handelt - von eben denselben Kritikern sogar gefördert und gefordert.

Fakt bleibt leider aber auch, dass neben sinnvollen Leistungen wie beispielsweise Ernährungsberatung oder Früherkennungsuntersuchungen gelegentlich auch Leistungen beworben und angeboten werden, die den Anforderungen an eine moderne, evidenzbasierte Medizin nicht gerecht werden. Daneben existieren sicher auch Fälle, in denen die Regeln zur korrekten Beratung, Abrechnung oder Durchführung nicht beachtet wurden.

Um solchen Mißständen vorzubeugen, hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bereits vor längerer Zeit einen sogenannten "IGel-Kodex" herausgegeben, der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Bundesärztekammer und dem Deutschen Zentrum Evidenzbasierte Medizin e.V. entwickelt wurde und der den Ärzten als Richtschnur und den Patienten als Orientierungshilfe dienen soll.

Der IGel-Kodex

Sachliche Informationen

Sachliche Informationen über das jeweilige Angebot individueller Gesundheitsleistungen sind zulässig. Sie dürfen den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht pauschal als unzureichend abwerten.

Unzulässig sind marktschreierische und anpreisende Werbung und eine Koppelung sachlicher Informationen über individuelle Gesundheitsleistungen mit produktbezogener Werbung. Individuelle Gesundheitsleistungen dürfen nicht aufgedrängt werden.

Gleiches gilt, wenn die Information durch das Praxispersonal erfolgt.

Zulässige Leistungen

Das Angebot individueller Gesundheitsleistungen muss sich beziehen auf Leistungen, die entweder notwendig oder aus ärztlicher Sicht empfehlenswert bzw. sinnvoll, zumindest aber vertretbar sind. Es darf sich nicht um gewerbliche Dienstleistungen handeln.

Korrekte und transparente Indikationsstellung

Bei Leistungen, die bei entsprechender Indikation als Leistungen der GKV zu erbringen sind, besteht eine besondere Verantwortung, eine etwaige Indikation korrekt und zugleich transparent zu stellen. Das gilt insbesondere deshalb, weil oftmals keine klare Grenzziehung möglich ist und weil Patientinnen und Patienten ohne transparente Darlegung der Indikationsstellung deren Richtigkeit kaum überprüfen und nicht eigenverantwortlich über die Inanspruchnahme einer individuellen Gesundheitsleistung entscheiden können.

Seriöse Beratung

Jegliche Beratung im Zusammenhang mit individuellen Gesundheitsleistungen muss so erfolgen, dass die Patientin oder der Patient nicht verunsichert oder gar verängstigt wird, dass nicht zur Inanspruchnahme einer Leistung gedrängt wird und dass keine falschen Erwartungen hinsichtlich des Erfolges einer Behandlung geweckt werden.

Aufklärung

Die erforderliche Aufklärung richtet sich nach den für die Patientenaufklärung generell geltenden Regeln.

Bei Leistungen, die nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen, muss umfassend über mögliche Alternativen sowie darüber aufgeklärt werden, warum eine Behandlung mit nicht anerkannten Methoden in Betracht zu ziehen ist. Eine besondere ärztliche Darlegungslast besteht bei Leistungen, die durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses von der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen sind oder die aus ärztlicher Sicht nicht als empfehlenswert oder sinnvoll zu betrachten sind.

Im Übrigen besteht eine Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung über die zu erwartenden Behandlungskosten.

Angemessene Informations- und Bedenkzeit

Das Recht der Patientinnen und Patienten, eine Zweitmeinung einzuholen, muss nicht nur respektiert werden, ggf. sollten sie sogar aktiv auf diese Möglichkeit hingewiesen werden. Ebenfalls sollten sie darüber informiert werden, dass sie leistungsrechtliche Fragen ggf. mit ihrer Krankenkasse oder mit Dritten klären können. Dem Patienten und der Patientin muss vor Abschluss des Behandlungsvertrages eine der Leistung angemessene Bedenkzeit gewährt werden.

Schriftlicher Behandlungsvertrag

Für den Fall, dass individuelle Gesundheitsleistungen von Vertragsärzten gegenüber gesetzlich Krankenversicherten erbracht werden, schreibt der Bundesmantelvertrag einen schriftlichen Behandlungsvertrag zwingend vor. Er sollte die Leistungen anhand von Gebührenpositionen der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) konkretisieren und den Steigerungssatz festlegen sowie den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass die Leistungen mangels Leistungspflicht der GKV privat zu honorieren sind. Ein solcher Behandlungsvertrag sollte auch in Fällen geschlossen werden, in denen er nicht zwingend vorgeschrieben ist.

Koppelung mit sonstigen Behandlungen

Von Ausnahmen abgesehen sollten individuelle Gesundheitsleistungen nicht in Zusammenhang mit Behandlungsmaßnahmen zu Lasten der GKV, sondern grundsätzlich davon getrennt erbracht werden.

Einhaltung von Gebietsgrenzen und Qualität

Ärztinnen und Ärzte müssen die Grenzen ihres jeweiligen Fachgebiets auch bei Erbringen individueller Gesundheitsleistungen beachten. Qualitätsanforderungen der GKV sind zu beachten, wenn sie zugleich dem medizinischen Standard entsprechen.

GOÄ Liquidation

Die Rechnungsstellung bezüglich individueller Gesundheitsleistungen erfolgt nach allgemeinen Regeln. Dementsprechend ist Grundlage für die Behandlungsabrechung ausschließlich die GOÄ. Pauschale Vergütungen sind unzulässig.

Quellen:



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