DOUV-Logo
 
DOUV-Logo.

Patientenportal

Operationen gegen den Schmerz?

13.01.2019

Welchen Stellenwert haben Schein- oder Placebooperationen in der Behandlung chronischer Schmerzen?

Die (begrenzte) Wirkung von Placebomedikamenten gilt bei verschiedenen Schmerzuständen unterschiedlicher Genese mittlerweile als gesichert. Weniger bekannt und evidenzbasiert abgesichert ist die Wirkung sogenannter Placebooperationen.

Die subjektiven Besserungen nach sogenannten Placebo- oder  Schein-Operationen sind mit dem Phänomen des Placebo-Effekts zu vergleichbar. Menschen versprechen sich von Operationen in der Regel einen großen Erfolg. Diese positive Erwartungshaltung kann dazu führen, dass sich dieser Erfolg auch einstellt wenn in Wahrheit gar nicht operiert wurde. Der physiologische, biochemische oder anatomische Zusammenhang zwischen erfüllter Erwartungshaltung und tatsächlichem Erleben ist weder für Placebomedikamente noch Placeoperationen bislang nicht geklärt. Es gibt allerdings Hinweise, dass sich die Konzentrationen und Relationen einzelner Neurotransmitter verändern und so über weitere Schritte ursächlich für die Effekte sein können. Bislang konzentriert sich die Forschung daher auf Wirksamkeitsstudien, in denen Medikamente gegen Placebos oder Operationen gegen Schein-Operationen getestet werden.

In einer neuen  Forschungsarbeit verglichen Wissenschaftler der Hochschule Coburg unter Leitung von Prof. Dr. Karin Meißner gemeinsam mit einem internationalen Expertenteam die Ergebnisse verschiedener vorangegangener Wirksamkeitsstudien, in denen Operationen gegen Schein-Operationen getestet wurden.

An den Studien waren insgesamt 2.000 Patienten mit unterschiedlichen chronischen Schmerzen – von Knie-, über Rückenproblemen bis hin zu Migräneattacken – beteiligt. Über die gesamte Studienlaufzeit sollten sie in Fragebögen einschätzen, wie stark ihre Symptome sind und wie sehr sie das tägliche Leben einschränken. Dabei wusste keiner der Teilnehmenden, ob er zur Gruppe der tatsächlich Operierten oder zur Kontrollgruppe gehörte. Dennoch ähnelten sich ihre Angaben zum Schmerzempfinden. "Demnach profitieren die Patienten von einer tatsächlichen Operation bei chronischen Schmerzen nicht mehr oder weniger im direkten Vergleich zu einer Schein-OP", schlussfolgert Prof. Dr. Meißner.

Die Untersuchungsergebnisse von Meißner und ihren Kollegen stellen zumindest in Frage, ob der Griff zum Skalpell immer die richtige Wahl ist. Da auch viele "echte" Operationen die Symtome oft nur vorübergehnd lindern können und daneben ein gewisses, manchmal nicht unerhebliches Risiko bergen, ist eine allgemeine Abwägung gegenüber den Placebooperationen nicht möglich. Der Einzelfall bleibt auch hier das Maß der Dinge. Um die besten Therapieansätze zu finden, ist vielmehr eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten in seinem privaten und beruflichen Umfeld empfehlenswert. Solche Therapieansätze können zum Beispiel Gespräche, Entspannungstechniken und Bewegungsförderung beinhalten und werden üblicherweise von ausgewiesenen Schmerztherapeuten zusammengestellt.

Offen ist auch, welchen rechlichen Konsequenzen eine mit dem Patienten besprochene und abgerechnete, aber nicht durchgeführte Operation nach sich zieht. Aus solchen juristischen Gründen, wegen unklarem medizinischen Benefit und anderen ungeklärten organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen werden Placebooperationen trotz nachgewisener Wirksamkeit noch lange eine Ausnahme in den gängigen Therapiestrategien bleiben.

Quellen:



zurück