DOUV-Logo
 
DOUV-Logo.

Patientenportal

Risikoadaptierte Kurzintervention bei Rückenschmerzen

04.06.2019

Im Vergleich zur Routineversorgung bei Patienten mit akuten Rückenschmerzen führt eine risikoadaptierte Kurzintervention in Hausarztpraxen zu keinen klinisch relevant besseren Verläufen.

Rückenschmerzen sind häufig. Allerdings verschwinden 90 Prozent aller Rückenschmerzen innerhalb der ersten zwei Wochen ganz von allein, egal, was man tut.  Problematisch sind die Verläufe, die zur Chronifizierung neigen. Sie betreffen etwa 10 - 15 Prozent der Patienten.  Für eine solche Entwicklung gibt es mehrere psychosoziale Risikofaktoren. Wichtige Risikofaktoren dafür sind auch psycosoziale Faktoren wie Angst-Vermeidungs-Überzeugungen, depressive Verstimmung, Katastrophisierung oder Arbeitsplatzprobleme. Sie werden klinisch unter dem Begriff "yellow Flags" zusammengefasst.

Fragestellung

Eine Studie untersuchte nun, ob ein Screening auf Chronifizierungsrisiken in Hausarztpraxen kombiniert mit einer risikoadaptierten Gruppenintervention eine Chronifizierung von Rückenschmerzen im Vergleich zur Routineversorgung vermeiden kann.

Aufgrund der enormen volkswirtschaftlichen Folgekosten durch chronische Rückenschmerzen wären Interventionen, die einer Chronifizierung entgegenwirken, überaus wichtig. Die Autoren der Nationalen VersorgungsLeitlinie "Nicht-spezifischer Kreuzschmerz" empfehlen als Voraussetzung für gezielte Interventionsmaßnahmen ein Screening auf Risikofaktoren. Screening ist aber nur dann sinnvoll, wenn es wirksame therapeutische Konsequenzen hat. In der vorliegenden Studie wurde daher geprüft, ob ein Screening in Hausarztpraxen auf Risikofaktoren, kombiniert mit einer risikoadaptierten Gruppenintervention, besser vor chronischen Verläufen schützt als die Routineversorgung.

Studiendesign

An der clusterrandomisierten, kontrollierten Studie in 35 Hausarztpraxen nahmen 354 Patienten mit akuten Rückenschmerzen teil. Nach Screening auf körperliche oder psychosoziale Risikofaktoren für Chronifizierung durch einen Kurzfragebogen mit 9 Items wurden Patienten im Interventionsarm das "Rückenbuch" oder standardisierte Gruppeninterventionen als Schulung (4–8?h) angeboten. Die Inhalte der Schulung bestanden in der Vermittlung von Wissen über Rückenschmerzen inkl. psychosozialer Faktoren sowie von Strategien zum Aufbau körperlicher Aktivität.

Der primäre Endpunkt war die mit Fragebögen erfasste subjektive Funktionskapazität nach 6 und 12 Monaten.

Sekundäre Endpunkte waren der Schweregrad der Rückenschmerzen, Angst-Vermeidungs-Überzeugungen, Depressivität, die Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands und die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen.

Studienergebnisse

Die Kurzinterventionen hatten keine klinisch relevanten Effekte auf die primären und die sekundären Endpunkte, obwohl die Verläufe in der Interventionsgruppe konsistent leicht positiver waren. Die Adhärenz an die angebotene Intervention war mäßig. Eine Subgruppenanalyse adhärenter versus nichtadhärenter Patienten zeigte konsistent und klinisch relevant günstigere Verläufe bei den adhärenten Patienten.

Die Kurzinterventionen hatten keine klinisch relevanten Effekte auf die primären und die sekundären Endpunkte, obwohl die Verläufe in der Interventionsgruppe konsistent leicht positiver waren. Die Adhärenz an die angebotene Intervention war mäßig.

Schlussfolgerungen

Die meisten Interventionsstudien zur Prävention der Chronifizierung von Rückenschmerzen konnten im Vergleich zur Regelversorgung keine oder nur geringe Verbesserungen nachweisen. Auch die in dieser Studie geprüfte risikoadaptierte Kurzintervention führte im Vergleich zur Routineversorgung nicht zu klinisch relevant besseren Verläufen. Dies spricht aber nicht grundsätzlich gegen solche Interventionen. Angesichts der mäßigen Adhärenz ist von entscheidender Bedeutung, die gefährdeten Patienten nicht nur zu identifizieren, sondern ihnen ein "Interventions-Angebot"zu machen, das sie annehmen und umsetzen. Die Aussage"Problem erkannt, Problem gebannt" trifft hier nicht zu. Weitere Studien mit einer besseren Umsetzung des Schulungsangebots und Anpassung an die individuellen Patientenbedürfnisse sowie einer besseren Studienlogistik sind notwendig. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass auch Interventionen erforderlich sind, die von Hausärzten organisatorisch und ökonomisch zu realisieren sind.

Quellen:



zurück